2010-05(Mai)-11; Bildqualität und Vortragsanspruch, Geschichten erzählen nur etwas für Kinder? Drucken

Ich hatten vor kurzem eine Diskussion mit einem ganz tollen Landschaftsfotografen, welcher alle seine Bilder in RAW fotografiert und die ganze 16Bit-Entwicklungskette aus dem FF beherrscht. Dieser zeigte mir seine wunderbaren Kalender-Bilder von einem nordischen Land in einer 15 minütigen Schau. Er hatte diese nach Landschaftsschwerpunkten sortiert und dazu lief unter Anderem die aus Diaporamen bekannte Gabarek Saxophonmusik mit den Männerchorälen. (Wird meistens zu Kirchen, Klöstern und Kapellen eingesetzt) Nach der Schau wollte er meine Verbesserungsvorschläge und meine ehrlich Meinung hören: 

Als Verbesserung sah ich sofort eine quasi vorhanden Geschichte in den gezeigten Fotos, wenn sie nur anders zusammengestellt wären und eine passendere Vertonung.

Deshalb erklärte ich: 
"Warum erzählen sie die Geschichte nicht aus den Augen des kleinen Schlittenhundes? Dieser zeigt seinen Spielgefährten, seinen Ort, die Kirche und dass er seinem Herrchen im Hafen den Handschuh geklaut hat und wo sein Herrchen im Hafen überhaupt arbeitet. (Alles vorhande Fotos) Dann ist er traurig (oder auch nicht) dass seine Artgenossen getötet werden, doch schließlich will auch er fressen und sich auf die kalte Eisbergzeit und die Ungeheuer aus dem Wasser vorbereiten. ......
Alle diese Bilder sind schon vorhanden sie müssen nur in eine andere Reihenfolge gebrachte werden und dazu eine landestypische Instrumentalmusik oder O-Töne aber keine Männerchoräle!"

Darauf erwiderte er:
"Eine Geschichte, wie Sie sie vorschlagen, finde ich sehr banal und sie würde meiner Ansicht nach wohl eher ins Kinderprogramm passen."

Das ist genau richtig !!!!!!!!

 

Das ist ganz genau richtig und wäre ein löblicher Ansatz um an eine unterhaltsame HDAV heranzugehen. In Unterhaltungsfragen können wir sehr viel von unseren fantasievollen Kindern lernen. Schöne Bilder von nordischen Ländern hat Jeder schon zuhauf gesehen und bei der Qualität der heutigen Digitalkameras gelingen dem Fotografen auch immer einige außergewöhnliche Aufnahmen. Aber im Kopf der Betrachter bleiben die Bilder besser hängen, wenn wir sie mit einer Story verknüpfen und sei sie auch noch so kindisch. Dann muss unser Gehirn aktiv mitarbeiten und schlummert nicht nur vor sich hin. Dieses aktive Mitarbeiten haben wir, wenn die Fantasie anreget wird. Die wahren Abenteuer finden in unserem Kopf statt und hängen nicht mit der gebotenen Informationsdichte über eine Gegend oder der Bildqualität zusammen. Unser Gehirn interpretiert den Rest in den Bildlücken noch viel schöner und phantasievoller dazu, als es die Realität je könnte. 

 Man kommt leider nur auf leicht darzustellenden Präsentationen, also wie hier die dokumentarische Bilder über einen Gegend, wenn einem sonst nichts Raffiniertes einfällt, bzw. wenn man gar kein Verlangen verspürt etwas darüber hinaus Kreatives erschaffen zu wollen. Die mangelnde Phantasie, die fehlende Geschichte, der fehlende Wille ist überhaupt die Wurzel aller schwachen Dia-Schauen auf unserem Amateursektor. Es ist nicht ausreichend wenn wir nur eine gute fotografische Idee verfolgend in der keine wirkliche Story steckt, es muss immer der Betrachter durch aktives Mitdenken eingebunden werden in unsere HDAV-Präsentation.

 

Außerdem spielt die Qualität und die Schärfe auch nicht die überragende Rolle welche sogar durch unser HD in HDAV suggeriert wird, wenn nur der Inhalt packend genug ist. Beste Beispiele sieht man im TV-Abendprogramm oder in Youtube, usw.  Gerade in den Youtube-Videos steckt oft jede Menge Phantasie und Kreativität, die vielen von den älteren Fotografen halt einfach fehlt bzw. aberzogen wurde. Fakten und Daten bestimmen unser deutsches Leben und kindliche Gedankengänge werden hochnäsig belächelt. Aber gerade gute HDAV-Schauen sind besonders fantasieanregend, kreativitätsfördernd und wichtig im Hinblick auf den bleibenden Eindruck mit einem langen Erinnerungsvermögen. Einige gute HDAV-Schauen zeigen, dass mitreißendes Erzählen gar nicht so schwer ist, wenn man auch Konventionen hinter sich lässt und sich unter Umständen auf ein kindliches Verhalten einlässt. Kreatives und spannendes Erzählen legt meiner Meinung nach sogar Wert auf die Loslösung von festen Regeln. Ein freies Storytelling unter Einbeziehung von Video und Tönen ermöglicht dem Betrachter ein „gänzliches sich auf die Geschichte Einlassen“ und dabei werden die Bilder und Filme sehr viel besser in das Langzeitgedächtnis abgelegt. Richtige Präsentationen sind mitreißend, Fantasie anregend, authentisch und verlange den Einsatz von ausdrucksstarken Medien. Emotionen, sowie der lebendige Textgebrauch entsprechend der jeweiligen zu vermittelnden Situation, darf aber auch durchaus "kindliches" Niveau haben.

 

Es gibt zwar in der Anzahl mehr RAW-Entwickler, Pixelzähler- und Schärfefanatiker bei unserem Hobby der HDAV (High Definition Audio Vision),  aber die sind aus meiner Sicht absolut unbedeutend für die kreative Weiterentwicklung. Was zählt sind die interdisziplinär denkenden jungen Künstler die mit Hilfe der profanen Technik kreative Gesamt-Kunstwerke erschaffen. 

 

Einige Präsentations-Grundsätze, die ich als Mitglied mit dem größten AV-Club teile, möchte ich deshalb so zusammenfassen:

  • Der AV-Dialog e.V. -der Verein für audiovisuelle Kommunikation- ist ein freier und unabhängiger, gemeinnütziger Verein zur Förderung der "Projektionskunst", z.B. der Diaschau als künstlerisches Ausdrucksmittel sowie zur Förderung und Wahrnehmung kultureller Belange.
  • Er bildet eine Gemeinschaft von Freunden auf der ganzen Welt die sich bei Gestaltung und Präsentation von Diaporamen, DirectAV, HDAV´s, Dia-AV's, Tonbildschauen und sonstigen Projektionen gegenseitig anregen und fördern.
  • Grundlagen der Zusammenarbeit ist die Absicht der Mitglieder:
    "Ich habe etwas zu sagen und will das multimedial vermitteln"  
  • Ausgangsbasis ist das stehende Bild, welches dort wo es sinnvoll ist (Dynamik, Bewegung, schnelle Abläufe, Interviews, etc.), durch bewegte Bilder ergänzt werden kann.
  • Deshalb nochmals meine persönliche Grundeinstellung:

    Die Technik der Präsentation ist sekundär, entscheidend ist die Botschaft, die mit einem geeigneten Medium produziert und präsentiert wird.